Der Held und das Urmeer.

Als der Held noch ein kleiner Junge war, hat er mit seiner großen Familie in Mainz gewohnt. Wie alle kleinen Jungs, die damals ganz ohne Smartphone und dieses Internetz aufgewachsen sind, hat er die meiste Zeit draußen verbracht und ist mit seinen Kumpels durch die Gegend gezogen. Fußball spielen, Fahrrad fahren, Bäume beklettern. Die Taschen dabei immer voller Steine, Schrauben, Kaugummi und was man als Kerl halt so bei sich hat. Die Steine haben den Helden ganz besonders fasziniert. Vor 36 Millionen Jahren gab es in Rheinhessen nämlich mal ein tropisches Urmeer mit Haien, Seekühen, Rochen, Krokodilen und allerlei anderem Getier. Noch heute kann man an einigen Stellen die tertiären Kalksteinfelsen sehen. Diese Felsen sind die Riffe, Korallenbänke und Klippen des Urmeeres, wo früher bei subtropischen Temperaturen die Bananen an den Bäumen hingen, die Kokospalmen sanft im Wind wehten und Flamingos, Pelikane, Nashörner und Affen lebten. Und so finden sich in vielen Steinen versteinerte Muscheln und Meerestiere. Das fand der kleine Held spannend. Sich vorzustellen, wo er jetzt durch die Weinberge stromerte war einmal Meer und karibisches Klima.

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Rheinhessen ist heute durch die idealen Klima- und Bodenbedingungen das größte Weinbaugebiet in Deutschland. Es liegt in dem weiträumigen Dreieck zwischen Mainz, Worms und Bingen, das im Norden und Osten vom Rhein begrenzt wird. Und Rheinhessen feiert in diesem Jahr 200. Geburtstag mit verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen.

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Eine Idee von Rheinhessenwein: 12 Blogger erhalten unter dem Motto WTF is Spundekäs? einen Warenkorb mit einer Flasche Rheinhessenwein, Blutwurst, Wirsing, Kürbis, Kartoffeln, Riesling-Senf und Wein-Gelee und sollen mit mindestens vier dieser Zutaten klassische, regionale Gerichte neu interpretieren oder ganz neue Kreationen entwickeln, die zur Region und ihren Produkten passen.

Ha, und was hat der Held da gleich gehört? Meeresrauschen, ist ja klar. Sofort hat er sich an seine Steine mit den kleinen versteinerten Meerestieren erinnert, tropische Früchte auf der Zunge gehabt und an leckeren Fisch gedacht. Zusammen mit Moritz, einem ebenso kochverrückten Kerl hat er stundenlang überlegt, was man so alles mit tropischen Aromen kochen könnte und nach einem ausgiebigem Jagdgang über den Markt und an der Fischtheke vorbei ging es los. Ich war also dieses Mal mit zwei kochenden Helden in der Küche gesegnet und konnte mich dem ersten äußerst komplizierten Rezept des Tages hingeben: Man nehme ein Glas Wein und schütte es in den Koch. Zutat Nummer eins wurde an diesem Tag und dem anschließenden Abend mehrfach eingesetzt und immer wieder für gut befunden. Die Rheinhessen machen nämlich geilen Wein und zaubern all die tropischen, fruchtigen, erdigen, mineralischen Aromen, die der Boden seit Millionen von Jahren in sich hat, in die Trauben.

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Die Jungs haben die Küche in ein Urschlachtfeld verwandelt, aber was sie dabei alles so an den Esstisch nach draußen in die warme Spätsommersonne gegeben haben war einfach herrlich. Wir begannen mit einer spicig scharfen Kokos-Kürbissuppe mit geröstetem Tofu, Vermicelli-Nudeln und Wirsing-Chips.

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Kokos-Kürbissuppe mit Wirsing-Chips und Tofu

Zutaten für 4 Portionen
1 EL Pflanzenöl
185 g fertig gekaufte Laksa-Paste (gibt es im Asialaden)
150 ml Wein
500 ml Hühnerbrühe
800 ml Kokosmilch
2 EL Fischsauce
1-2 Kartoffeln, geschält und gewürfelt
800 g Hokkaido-Kürbis, in Würfel geschnitten
250 g getrocknete Reis-Nudeln Vermicelli, gegart
1 Bund Koriander
2-3 Frühlingszwiebeln in Ringe geschnitten
2 milde rote Chilis, in Ringe geschnitten
Die Zubereitung des Tofu findet ihr hier genau beschrieben.
1 bis 2 Gläser Wein für den Koch

Das Öl in einem großen Topf stark erhitzen. Darin die Laksa-Paste 1 Minute andünsten, bis sie duftet. Mit dem Wein ablöschen und kurz einkochen lassen. Brühe, Kokosmilch und Fischsauce dazugeben und aufkochen. Die Kartoffelwürfel hinzufügen, weich kochen und mit dem Stabmixer pürieren. Erneut aufkochen und den Kürbis dazugeben und etwa 12 Minuten kochen, bis das Fruchtfleisch bissfest ist. Die kurz in heißem Wasser vorgegarten Vermicelli- oder Mie-Nudeln in Suppenschalen verteilen und mit der Suppe übergießen. Darauf den gerösteten Tofu, Frühlingszwiebeln, Koriander, Chili und Wirsingblätter (siehe unten) anrichten und heiß servieren.

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Wirsing-Chips
Zutaten für 2 Bleche

6 Wirsingblätter
3 EL Olivenöl
1 TL Senf
Salz und Pfeffer
1 bis 2 Gläser Wein für den Koch

Wirsingblätter waschen und trocknen lassen. Dann die Blätter in Stücke schneiden.
Öl, Salz, Pfeffer und Senf in eine Schale geben und verrühren, dann die einzelnen Blätter darin wenden und auf zwei mit Backpapier ausgelegten Backblechen verteilen. Bei 110 Grad Umluft 45 Minuten backen. Abkühlen lassen und wegknabbern.

Weiter ging es mit einem frischen Mango-Frühlingszwiebel-Salat, knusprigen Blutwurstbröseln und gebratenen Garnelen.

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Mango-Frühlingszwiebel-Salat mit Blutwurstbröseln und Garnelen
Zutaten für vier Portionen

1 Mango
70 g Frühlingszwiebeln
½ Chillischote
1 Knoblauchzehe
20 g Ingwerwurzel
2 EL Weißweinessig
1 EL Sesamöl
1 EL Limonenöl
1 EL Zuckersirup (Läuterzucker)
Salz, Pfeffer, Zucker
Gehacktes Koriandergrün
1 bis 2 Gläser Wein für den Koch

Mango in Würfel und Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden. Knoblauch, Chili und Ingwer feinhacken und mit den restlichen Zutaten zu einer Vinaigrette verrühren. Mango und Frühlingszwiebel damit anmachen. Koriandergrün darüber streuen.


Blutwurstbrösel
150 g Blutwurst, fein gehackt
50 g geriebenes altes Weißbrot
5 gezupfte, gehackte Zweige Thymian
Etwas gehackten Majoran
Salz, Pfeffer
1 bis 2 Gläser Wein für den Koch

Alle Zutaten zusammengeben, in Olivenöl ausbacken und auf Küchenkrepp abtropfen lassen.


Garnelen

4 große, ungeschälte Garnelen
3 EL Olivenöl
20 g gehackte Petersilie
10 g gehackter Thymian
1 Chilischote
2 Knoblauchzehen
Abrieb von 1 Bio-Zitrone
Saft von ½ Bio Zitrone
Salz, Pfeffer
1 bis 2 Gläser Wein für den Koch

Aus den Zutaten eine Marinade rühren und die Garnelen mindestens drei Stunden oder über Nacht darin ziehen lassen. Öl in einer Pfanne erhitzen und die Garnelen darin anbraten. Garnelen auf den Blutwurstbröseln anrichten und zusammen mit dem Mango-Frühlingszwiebel-Salat servieren.

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Als Hauptgang gab es einen Fisch in einem Bananenblatt gegrillt und dazu Avocado mit Tomatensalsa, Kartoffelchips und Senf-Kokosmayo.

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Fisch im Bananenblatt gegrillt
Wir hatten eine Regenbogenforelle, prima gehen aber auch Papageienfisch oder Red Snapper
3-4 Zweige frischer Thymian
1 Stange Zitronengras, 2 mal durchgebrochen
1-2 Biolimetten in Scheiben geschnitten
Salz, Pfeffer, Olivenöl
1 Bananenblatt
Nur noch 1 Glas Wein für den Koch

Den Grill anfeuern. Die Haut des Fisches diagonal einschneiden. Innen und außen mit Salz und Pfeffer kräftig einreiben. Mit frischem Thymian, Limettenscheiben und Zitronengras füllen. Mit Olivenöl beträufeln und in ein Bananenblatt wickeln und mit Küchengarn zubinden. Den Fisch bei indirekter Hitze 20-30 Minuten grillen.

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Gegrillte Avocado mit Tomatensalsa
Zutaten für 4 Portionen

2 Avocados
300 g verschiedenfarbige Tomaten, geviertelt
100 g Wassermelone, in Stücke geschnitten
100 g Charentaismelone, in Stücke geschnitten
1 Bund Minze, fein gehackt
½ Bund Basilikum, fein gehackt
1 Knoblauchzehe, fein gehackt
2 EL Olivenöl
1 EL Weißweinessig
Meersalz und Pfeffer aus der Mühle
Nur noch 1/2 Glas Wein für den Koch

Tomaten und Melonenstücke in eine Schüssel geben und aus den restlichen Zutaten eine Marinade erstellen und darübergießen. Avocados halbieren und entkernen und beide Seiten für ca. 3 Minuten auf den Grillrost legen. Vom Grill nehmen, mit Olivenöl beträufeln und salzen.

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Senf-Kokosmayo
250 g Mayonnaise entweder wie HIER selbst hergestellt oder aus dem Glas
mit 2-3 TL Senf,
1 TL fein geriebenen Kren (Meerrettich) und
2 TL Kokosflocken verrühren und mit dem Stabmixer eine glatte Mayo herstellen.
Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
2 große Gläser Wasser für den Koch

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Kartoffellocken
mit einem Spiralschneider die Kartoffeln in feine Locken hobeln und in der Fritteuse oder in einer tiefen Pfanne mit viel Pflanzenöl bei ca. 150° knusprig ausbacken bzw. frittieren. Herausnehmen, auf Küchenkrepp abtropfen lassen. Salzen und auf einer großen Platte zusammen mit dem Fisch, den Avocados, der Tomatensalza und der Mayo servieren

Fruchtiger Abschluss war ein Dessert aus Maracuja- und Rote Bete-Saft mit Mascarpone-Orangencreme.

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Zutaten für 6 Portionen
450 ml Maracujasaft
80 g Zucker
7 Blätter weiße Gelatine
250 ml Rote Bete-Saft
200 g Mascarpone
3 EL Orangenlikör
Abrieb von einer 1 halben Biozitrone und einer halben Bioorange
Minzblätter und Puderzucker zum Verzieren
1 bis 2 doppelte Espresso für den Koch

Maracujasaft mit dem Zucker in einen Topf geben und kochen, bis sich der Zucker vollständig aufgelöst hat. Gelatine in kaltem Wasser einweichen und tropfnass in den heißen Saft geben, unter Rühren auflösen. Rote-Bete-Saft unterrühren. Die Saftmischung auf sechs Förmchen verteilen und im Kühlschrank über Nacht fest werden lassen. Mascarponecreme mit dem Orangenlikör glattrühren, Zitrone und Orange heiß abwaschen und die Schale fein abreiben. Die Förmchen kurz in heißes Wasser tauchen und die Gelees auf Teller stürzen. Mit der Creme anrichten und mit Minze und Puderzucker verzieren.

Wer jetzt neugierig auf die 11 weiteren Blogger und die Köstlichkeiten ist, die auf anderen Herden gezaubert wurden, der schaut mal bei den Kollegen vorbei.

Bushcook Kitchen

Dila vs. Kitchen

Dreams on a Plate

Filine bloggt

Katha kocht

Lecker & Co.

Lecker muss es sein

Liebstöckelschuh

Moderne Topfologie

Baby rock my day

Voll Gut & Gut Voll

Uns hat die tropische Reise in Rheinhessens Vergangenheit riesigen Spaß gemacht. Die Spätsommersonne hat uns einen perfekten Abend dazu beschert und Grundzutat Nummer eins, der herrliche Rheinhessenwein, wurde bis spät in die Nacht in vollen Zügen genossen.

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Comments (13)

  • Ein tolles Menü – da wäre ich gerne dabei gewesen. Mit Kürbissuppe kann man mich ja ohnehin leicht locken, aber deine klingt nicht nur lecker sondern sieht auch noch wahnsinnig toll aus!

    Liebe Grüße,
    Katha

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    • Oh liebe Katja, danke schön! Ich würde jederzeit gegen so ein köstliches Kürbis-Kartoffel-Küchlein tauschen!!! Liebe Grüße von Sabine

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  • Ganz traumhafte Fotos sind das und ein traumhaften Blog habt ihr. LG Rebecca

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    • Oh wie nett von dir, liebe Rebecca. dein Kürbis-Zwiebel-Kuchen sieht aber auch zum Reinlegen aus.
      Liebe Grüße von Sabine

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  • Oha, da könnte ich ja essen bis ich platze…, ich gehe mir jetzt mal Laksa-Paste kaufen und dann ab in die (noch) nicht vorhandene Küche.

    LG Sascha

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    • Hallo Sascha, für die Kürbisuppe reicht eine Herdplatte. Die Küche drumherum kannst du dann später einkaufen. Frisch gestärkt von dem Süppchen. Liebe Grüße von Sabine

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  • Hallo, oh Wow. Blutwurstbrösel klingt ja toll. Einfach mal ne schöne Alternative zu den Spechwürfeln… Wird probiert. Danke für diese fantastische Idee. Grüße aus dem Ländle, H.

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  • Geil geschrieben, Hut ab.

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    • Wenn DU das sagst, bin ich jetzt stolz! Danke schön 🙂

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  • Was für eine schöne Geschichte – nach einer tollen Idee!

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    • Danke schön, liebe Nina. Es war aber auch ein herrlicher Abend! Fast so schön wie unser Gelage für Hessen à la carte 🙂 Liebe Grüße!!!

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